Wir hatten das Vergnügen, eine Taschenuhr mit einer Spindelhemmung zu reparieren. Diese Arbeit war sehr herausfordernd und es brauchte einige Versuche, bis der Erfolg zu sehen war.
Die Spindelhemmung
Die Spindelhemmung ist eine der ältesten und bekanntesten Uhrhemmungen, die ursprünglich in Türmleruhren verwendet wurde. Diese Uhren basierten auf einem Waagbalken mit verschiebbaren Gewichten zur Regulierung der Zeitmessung. Im 15. Jahrhundert entwickelte sich die Spindelhemmung weiter in den Dosenuhren, die dann als Vorbilder für die Taschenuhren des 17. Jahrhunderts dienten. In diesen Taschenuhren wurde die Spindelhemmung in einer verkleinerten Form konstruiert und mit einem Unruhreif ausgestattet, was die Genauigkeit der Uhren verbesserte. Durch die Unruh mit Spirale konnten die Uhren zudem transportabel gemacht werden.
Da eine Feder voll aufgezogen 100 % ihrer Kraft abgibt und während des Entspannens am Schluss nur noch ca. 30% ihrer Kraft abgeben kann, wurde dieses Problem mit einer interessanten Konstruktion gelöst.
Sie entwickelten ein System, bei welchem sie nach dem Federhaus ein Rad mit einer Schnecke platzierten, welches durch eine Kette mit dem Federhausverbunden ist. In der Schnecke befindet sich ein Gegengesperr, welches verhindert, dass sich die aufgezogene Feder zurückdrehen kann und dadurch die Kraft an das Räderwerk weitergibt. Somit konnten sie den Kraftverlust der Feder kompensieren.
Unsere Restauration
Unsere Restauration war eine Taschenuhr mit Spindelhemmung (Jacob Zang), bei der der obere Zapfen der Unruhachse abgebrochen war – ein häufiges und kritisches Problem für solche Uhren. Es gab zwei mögliche Reparaturmethoden:
Die erste ist das Einbohren eines neuen Zapfens, was wegen des sehr kleinen Durchmessers problematisch ist. Das Einspannen der Achse ist nahezu unmöglich, denn die Achse muss perfekt rund drehen.
Die zweite Methode ist das Drehen einer komplett neuen Unruhachse, was wegen der zwei Flächen an der Achse sehr anspruchsvoll ist. Die zwei Läppen haben einen Winkel von ungefähr 100° zwischen sich und müssen im richtigen Abstand voneinander stehen.
Erster Versuch
Wir entschieden uns zunächst für die erste Methode und drehten einen kleinen Zapfen aus gehärtetem Stahl, um ihn in die Spindelachse einzupressen. Trotz der Herausforderungen gelang es uns, die Achse in die Drehbank einzuspannen, um ein Loch mit dem Durchmesser von 0.16 mm zu bohren. Das Bohren des Loches war jedoch nach vielen defekten Bohrern gescheitert und wir mussten uns eingestehen, dass diese Methode nicht praktikabel war und wechselten zur zweiten Methode.
Zweiter Versuch
Für die Herstellung einer neuen Achse mussten wir viele Theoriebücher und alte Lektüren studieren sowie einen exakten Plan der Achse zeichnen. Danach spannten wir einen Rohling in die Drehbank ein und drehten zwei Ansätze. Mit Hilfe der Teilscheibe an der Drehbank konnten wir genau berechnen, um wie viel Grad wir die Achse drehen müssen, damit wir den dünnen und langen Teil in der Mitte der Achse fräsen können.
Während des Fräsens traten jedoch Probleme auf, da die Achse durch die Drehbewegung verzogen wurde. Dank der Verwendung von Tampon Stahl (gehärteter Stahl, welcher mit blau Anlassen wieder weich wird), konnten wir die Achse nach dem Fräsen zurückbiegen. Die Läppen mussten anschließend manuell auf die richtigen Maße gefeilt werden, was aufgrund des dünnen Durchmessers sehr riskant war. Wir haben es uns erlaubt, sie 0.2 mm dick anstatt wie Original 0.13 mm dick herzustellen, da somit das Risiko eines späteren Defekts stark reduziert werden kann.
Nach dem erfolgreichen Fräsen wurde der obere Teil der Achse gedreht, was präzise Arbeit erforderte, um Fehler zu vermeiden. Wird der Durchmesser zu dünn oder etwas bricht uns ab, muss der ganze Prozess wieder von vorne begonnen werden. Die Achse konnte danach wieder vernietet werden und mit einigen kleinen Anpassungen in die Uhr eingebaut werden.
Schluss- und Testphase
Mit der eingebauten Unruh und Spirale testeten wir die Uhr und zu unserer Freude funktionierte die Spindelhemmung. Im Anschluss wurde die Uhr vollständig revidiert, was eine gründliche Zerlegung und Reinigung jedes einzelnen Teils erforderte. Nach der Reinigung wurden die Komponenten sorgfältig montiert, wobei besondere Aufmerksamkeit auf die korrekte Installation der Schnecke gelegt wurde, um Schäden zu vermeiden.
Nach dem Zusammenbau wurde die Unruh mit der Spindelhemmung eingebaut. Als die Vorspannung auf das Federhaus gegeben wurde, begann die Unruh anzuschwingen, und die Uhr lief wieder. Da sich die Masse der gesamten Unruh mit der neuen Achse verändert hat, wurde gleichzeitig auch der Gang der Uhr verändert. Letzte Feineinstellungen wurden von uns mit Hilfe des verstellbaren Rückers vorgenommen, um den Gang der Uhr zu optimieren. Es ist sehr beachtlich, dass schon im 17. Jahrhundert ein so einfaches und dennoch sehr gutes Reguliersystem entwickelt wurde.
Nach einer Woche der Kontrolle und mehrmaligem Nachjustieren konnte die Uhr mit einer Gangabweichung von nur ±2 Minuten pro Tag an den Kunden zurückgegeben werden. Die gesamte Erfahrung der Reparatur und Revision der Spindelhemmung war für uns als Uhrmacher äußerst spannend und erfüllend, da wir sehen konnten, wie unsere Arbeit die Uhr wieder zum Laufen brachte. Es war ein bemerkenswertes Beispiel für die Kunst und das Handwerk des Uhrmachers, das mit Begeisterung ausgeübt wird.
Ein Beitrag des Uhrmacherateliers Velion
P.S. Unten erfährt man übrigens, wie eine Taschenuhr mit Spindelhemmung montiert wird.